„Die Welt ist in sehr großer Gefahr", konstatierte der ehemalige Bundesverteidigungsminister und Ministerpräsident a.D., Rudolf Scharping, während seines Vortrags angesichts der aktuellen Krisen und Kriege. Und genau um diese Gefahr und die Gründe dafür ging es bei einer Diskussionsveranstaltung, zu der der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Thorsten Rudolph und die SPD Lahnstein ins Katholischen Pfarrzentrum St. Martin & St. Damian in Lahnstein eingeladen hatten.
In seinen einleitenden Worten skizzierte Rudolph kurz, in welch schwierigem Spannungsfeld nationale und internationale Politik gerade stattfindet. Er verwies dabei unter anderem auf den Ukraine-Krieg, die Bedrohung durch Russland, die Situation im Nahen Osten, die Drohungen Chinas gegen Taiwan sowie die neue amerikanische Handels- und Sicherheitspolitik unter Trump. In Berlin werde derzeit sehr intensiv diskutiert, welche Folgen diese Entwicklungen für die deutsche und europäische Politik haben, gerade im Bereich der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Von daher freue er sich außerordentlich, dass Rudolf Scharping als ausgewiesener außenpolitischer Experte seiner Einladung gefolgt sei.
Rudolf Scharping skizzierte in seiner Rede ebenfalls die Komplexität der weltpolitischen Lage. Die Situation, vor der die Ampel-Regierung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem Wegfall der Erdgasversorgung stand, sei weitaus schwieriger gewesen als zu Zeiten der Ölkrise in den 1970er-Jahren, bemerkte er. Die wirtschaftlichen Folgen davon würden bis heute fortwirken. Dazu komme, dass Europa sich der Unterstützung der USA angesichts der „America first“-Politik Trumps nicht mehr sicher sein könne. Ihn jedenfalls habe die Rede des amerikanischen Vizepräsidenten bei der Münchner Sicherheitskonferenz nicht überrascht.
Scharping sieht die Gefahr einer Rückkehr zur Großmachtpolitik, die die Welt bis 1945 in die Katastrophe geführt habe. Provokant fragte er: „Wollen wir eine Welt, die von zwei bis drei Großmächten bestimmt wird und in der diese alles unter sich ausmachen?“ Deutschland allein sei zu klein, um in diesem Spiel der Großmächte zu bestehen – sicherheitspolitisch und wirtschaftlich. „Wir werden in dieser Welt nur als Europäer eine Rolle spielen und daher sind wir als Europäer darauf angewiesen, zusammenzuarbeiten“, so der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident. Angesichts der europakritischen Haltung der AfD warnte er: „Wenn nun die AfD kommt und den Ausstieg aus dem Euro fordert, dann ist das der sichere Weg in den wirtschaftlichen Ruin.“
Scharping warb daher eindringlich für einen europafreundlichen Kurs. Man dürfe sich von populistischen und rassistischen Kräften im Land keine Angst machen lassen und müsse sich stattdessen selbstbewusst aufstellen. Letztendlich sei nichts unmöglich, wenn man ein klares Ziel, einen festen Willen und gute Leute habe. Im Gespräch mit dem Publikum vertieften Rudolph und Scharping einzelne Aspekte, wie etwa das laut Scharping klar interessengeleitete und weniger freundschaftliche Verhältnis Chinas zu Russland oder auch aktuelle bundespolitische Themen.
Rudolph dankte Scharping am Ende für seine hochinteressanten Einschätzungen und dem SPD-Ortsverein um Judith Ulrich und Jochen Sachsenhauser für die Mitorganisation der Veranstaltung.