Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat die Bundesregierung mit einem sogenannten Maßgabe-Beschluss abschließend dazu aufgefordert, sich in Höhe von maximal 50 Prozent als (Mit-)Träger am geplanten Gedenk- und Dokumentationszentrum zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Saarburg zu beteiligen. „Ich hoffe sehr, dass die Realisierung dieses Projekts nun Fahrt aufnimmt und Bund und Land jetzt gemeinsam in die Planung einsteigen“, erklärt der Koblenzer SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Thorsten Rudolph, der dem Haushaltsausschuss als einziger Rheinland-Pfälzer angehört und der dieses Projekt maßgeblich vorangetrieben hat.
„Der Umgang mit der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts ist nicht in erster Linie eine Aufgabe des Landes Rheinland-Pfalz. Hier geht es vielmehr um Fragen der gesamtstaatlichen Repräsentation, um den Umgang mit deutscher Geschichte und letztlich um das Selbstverständnis der Bundesrepublik", erläutert Rudolph.
Gerade vor dem Hintergrund, dass es in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen mehr geben werde, die von den Verbrechen der Nazis berichten können, und dass der Antisemitismus in Deutschland weiter zunehme, wäre dieses Gedenk- und Dokumentationszentrum ein ungeheuer wichtiges Zeichen, sagt er. In den vergangenen Monaten hat der Koblenzer Abgeordnete in Berlin viele Gespräche geführt, um auch die anderen Fraktionen von der Wichtigkeit eines solchen Gedenk- und Dokumentationszentrums zu überzeugen. „Und ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, alle demokratischen Fraktionen ins Boot zu holen, sodass wir einen gemeinsamen Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, CDU/CSU und Die Linke einbringen konnten, den wir im Haushaltsauschuss dann auch so beschlossen haben“, sagt Rudolph.
Konkret fordert der Haushaltsausschuss in dem erwähnten Maßgabe-Beschluss von der Regierung, eine Strategie in Bezug auf die Zukunftsaufgaben der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts sehr bald zu erarbeiten und vorzulegen. Er empfiehlt in diesem Zusammenhang auch, dass die Expertise des Bundesarchivs und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mit einbezogen werden. Angesichts der unkonkreten Aussagen der Regierung in Bezug auf den Zeitplan für die Digitalisierung der vorliegenden Aktenbestände zur Wiedergutmachung bekräftigt der Haushaltsausschuss seine Auffassung, „dass die Errichtung eines Gedenk- und Dokumentationszentrums zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Saarburg als physischer Anlaufpunkt für die Nachfahren der Opfer nationalsozialistischen Unrechts, für die Wissenschaft und für die breite Öffentlichkeit eine geeignete und zweckgemäße Ergänzung des geplanten digitalen Themenportal Wiedergutmachung“ darstellen würde. Der Haushaltsausschuss ist der Ansicht, dass „unter dem Gesichtspunkt der gesamtstaatlichen Repräsentation und der Verantwortung des Bundes für die Zukunftsaufgaben der Wiedergutmachung, insbesondere auch für die Erforschung und die Vermittlung der Geschichte der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, ein unmittelbares Bundesinteresse vorliegt. Dieses Bundesinteresse macht eine (Mit)Trägerschaft des Bundes nötig, so der Ausschuss, der bis zum 31. März 2024 eine Stellungnahme des zuständigen Finanzministeriums erwartet.
Die Planungen für das Dokumentationszentrum laufen schon längere Zeit. Nachdem Rudolph das Thema bei einer Rede im Bundestag angestoßen hatte, haben viele Gespräche stattgefunden – neben denen auf Bundesebene auch mit Vertreterinnen und Vertretern des Landes sowie der Wissenschaft. „Ich bin von der Sache und vom Standort überzeugt. Saarburg ist international ein Synonym für Wiedergutmachung und daher genau der richtige Standort“, sagt Rudolph. Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Verena Hubertz, in deren Wahlkreis Saarburg liegt, unterstützt das Projekt: „Das hier ein unmittelbares Bundesinteresse besteht, steht für mich außer Frage. Für Saarburg wäre dieses Dokumentationszentrum ein Aushängeschild. Wir sind über dieses Projekt im engen Austausch und ich bin Thorsten Rudolph sehr dankbar dafür, dass er sich so einsetzt“, sagt Hubertz.
Hintergrund: In Saarburg lagern etwa ein Drittel aller Wiedergutmachungsakten, die zudem einen Querschnitt aller Anspruchsarten und Leistungsempfänger abbilden. Grund dafür ist, dass das Land Rheinland-Pfalz eine Sonderzuständigkeit für alle Opfer nationalsozialistischen Unrechts hat, die ihren Wohnsitz außerhalb Europas haben. Dies betrifft insbesondere auch eine Vielzahl an NS-Opfern aus den USA und Israel.